Dorfmitte
Ausschnitt Kurhannoversche Landesaufnahme 1776
Wie das ursprüngliche Dorf vor der Verkoppelung 1751 durch Baron von Hammerstein ausgesehen hat, ist leider nicht dokumentiert. Doch kann als gesichert gelten, dass die Ortsmitte sich östlich und südlich des Altes Hofes befand. So blieb z.B. die Bauernvogtstelle (heute Wenzel) von der Umsiedlung ausgeschlossen. Dies gilt auch für die Katenstellen Brügmann und Kröger. Aus einer Prozessakte von 1703 geht hervor, das der Katen des Kätners Martens an den Baumgartens grenzte, also der Alte Hof auch südwestlich von Bauernstellen umgeben war. Die einzige Karte, die vielleicht die alten Verhältnisse wiedergegeben hat, ist die von Ingenieur-Capitain P. J. du Plat von 1748/1751, nur leider ist diese Karte verschollen.
Lehrer Otto Bünder hat schon 1950 einen Versuch gemacht, die alten Verhältnisse vor 1751 zu rekonstruieren. Ihm stand aber nicht das Kartenwerk der Kurhannoverschen Landesaufnahme von 1776 zur Verfügung. Dies für seine Zeit vorbildliche und qualitativ hochwertige Werk, weit besser als die spätere Varendorfsche Kartierung, ist in ihrer Genauigkeit sehr dicht an den heutigen topografischen Karten. So wurden selbst alte Hünengraber und Burgwälle mit kartiert und das Werk stellt für die heutige Archäologie eine wertvolle Quelle dar.
Für Kastorf ist diese sehr genaue Wiedergabe der realen Verhältnisse auch an den Gebäuden zu belegen. Nicht wie in älteren Kartenwerken, werden einfach nur eine Ansammlung ungeordneter roter Rechtecke zur Darstellung eines Dorfes gezeichnet, sondern hier ist jedes tatsächlich vorhandene Gebäude in seiner Originallage wiedergegeben. Das läßt sich zum Beispiel an der Schmiede und am Gutshof belegen. So muss man auch davon ausgehen, dass die Anordnung der übrigen Gebäude die tatsächliche Situation von 1776 wieder gibt.
Mit ursprünglich 6 Hufen (Hufe A - F) gehört Kastorf zu den klassischen Gründungstypdörfern im Lauenburgischen (es wurde immer eine durch 3 teilbare Zahl angewandt, s. Prange). Das Modell für den Normalfall einer Dorfgründung in unserer Gegend war das Angerdorf, dass auch bei den Nachbardörfern angewandt wurde (z.B. Siebenbäumen, Rondeshagen, Bliestorf, Klinkrade). Warum sollte Kastorf da eine Ausnahme gemacht haben? Die Kastorfer Ortsmitte bilden der Gutshof, die Bauernvogtstelle und die dazwischen fließende Göldenitz. Die Dorfmitte muss kein aussschließlich trockener Platz sein, das beweisst z.B. gleich der Nachbarort Bliestorf. Hier fließt der Kastorfer Mühlenbach direkt durch die Ortsmitte und die Höfe sind beiderseits um ein vom Bach in der Längsachse durchschnittenes Oval angeordnet.
Die Senke (s.o. gelbgrün markierter Bereich) selbst, in der die Göldenitz fließt, ist nicht zur Ansiedlung geeignet. Wie schon Bünder bemerkt, wurde diese bei starken Regenfällen im Herbst und Frühjahr teilweise fast seenartig überflutet. Das war vor dem Bau des Kastorfer Mühlenbaches (s. Mühle) und dem Stau des Karauschen Teiches mit Sicherheit noch viel öfter der Fall. So lag der alte Kastorfer Sportplatz, heute Dr. Liebenow, Hauptstr. 73a, früher 1,5 m tiefer und war auf moorigen Boden angelegt. Häufig war dieser wegen stehendem Wasser nicht bespielbar. Da können die alten Kastorfer Herrn noch ein Lied von singen.
So ist es durchaus auch denkbar, dass man hier den Lauf des Baches geändert hat und dass das Wasser ursprünglich auf der anderen Seite der Schmiede und der Bauernvogtstelle floß. Vielleicht ist dieser alte Straßendamm zwischen Altem Hof und Katenstelle 11 sogar noch ein Rudiment eines älteren Mühlendamms wie in Sierksrade. Auffällig ist, dass die Bauernvogtstelle und die Schmiedestelle fast inselartig in der Göldenitzsenke liegen. Also wenn Kastorf tatsächlich früher einen gesicherten Bergfried (Motte) gehabt haben sollte, wäre dieser Standort beiweitem besser geeignet als der Standort des jetzigen Alten Hofes. Vielleicht hat ja erst Kolthoff oder von Wickede den Hof verlegt, weil ihm die "Göldenitzinsel" für einen repräsentativen Hof zu klein war.Die Ratzeburger Straße wurde erst mit dem Bau des neuen Herrenhauses 1801/1803 umgelegt.
Aber wie man oben sehen kann, war hier vorher auch keine echte Kreuzung wie sie Bünder vermutete, sondern wie heute zwei dicht aneinander liegende T-Kreutzungen. Die Ratzeburger und die Oldesloer Straße folgen weitgehend einfach dem Lauf der Göldenitz.
Bünder unterteilt die Großkäthner noch in zwei Fünfergruppen, doch seine Entstehungstheorie hierzu muß eindeutig verworfen werden (s. Einwohnerstatistik). 1812 besitzen 10 Kätner eine gleichgroße Fläche von 54 Morgen (14,25 ha), bzw. haben auch die gleichen Abgaben zu leisten und dies scheint auch schon 1766 bzw. wohl auch den Stand nach der Verkoppelung von 1751 wiederzugeben. Die elfte Katenstelle ist nur halb so groß, rechnet deshalb mal zu den Katen, mal zu den Anbauerstellen/Kleinkätnern, wahrscheinlich handelt es sich dabei um den Schulkaten, der ja schon nachweislich seit 1762 besteht und 1812 mit 22,5 Morgen (5,9 ha) angegeben wird. Neben diesen 11 Katen gab es schon 1799 noch 5 Brinkbesitzer, die 3 freien Erbpächter (Schmiede, Mühlenkrug und Mühle), 6 Kleinkätner, 3 Einlieger- und 3 Altenteilerkaten.
v.l. Hauptstr. 74, Möbelfabrik Koltze/später Busch
Hauptsr. 72 ehemals Christine Daumann, geb. Voss, 1/4 Hufenstelle, 1902 abgebrannt, jetziges Haus von 1902
Hauptstr. 70, Günter Eberle
s.o. nur umgekehrte Reihenfolge
v.l. Hauptstr. 66 (ehemals Käthe Eggers) und Nr. 68 (ehemals Otto Dreyer)
Die Hauptstr. auf Höhe Busch, rechts Villa Groth, in der Mitte die Schmiede
Luftaufnahme aus den 80ern, rechts die Bundesstraße 208 von Siebenbäumen aus kommend, links der "Park"