Der Gutshof
Sagen und Baugeschichte
Zwischen den freien Hansestädten Lübeck und Hamburg, die seit langem eine Handelsstraße verbindet, befinden sich im 14. Jahrhundert etliche Raubrittersitze, deren Bewohner ihren Lebensstandard als „ Ritter des Mondscheins“ durch nächtliche Überfälle aus dem Hinterhalt auf Kaufmannswagen aufzubessern suchen. Auch Kastorf soll zeitweise dazugehört haben; so ist jedenfalls mitunter erzählt worden. Als Beleg führt man bei solchen Behauptungen gern an, zwischen den Gütern Kastorf und Bliestorf habe ein unterirdischer Gang bestanden. Sollten am Ende die vor dem finanziellen Ruin stehenden Crummesse sich eines Tages durch Raubritterei zu retten versucht haben? Dagegen spricht, dass die Lübecker nie gegen sie zu Felde gezogen sind, während sie alle anderen Raubritterburgen in Handstreichen und durch Belagerungen auszuschalten wussten.
Der Schäfer Heinrich Benthin hat im Alter von 85 Jahren in der Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs berichtet, dass er sich an diesen Kellereingang von seiner Jugend her erinnere.
Das Gerücht von dem Verbindungsstollen unter der Erde
könnte phantasievoll zustande gekommen sein, weil das
Kastorfer Gut gen Bliestorf einen Keller hatte, der
zwanzig Stufen tief lag und unter einem Steinbogen durch
eine Eisentür verschlossen gewesen ist.
Zwischen den beiden Gütern lag aber auch noch im 18.
Jahrhundert die Kastorf-Bliestorfer-Holländerei (s. Holländerei), die mit Sicherheit
auch einen Milchkeller hatte. Vielleicht hatte auch dieser
Keller noch lange über die Holländereigebäude hinaus
bestanden.
Das Kastorfer Gutshaus um 1870, erbaut 1801-1803 ,
dahinter noch einer der Scheunen von 1754/1755. Gemalt von dem
Lübecker Kunstmaler Carl Oesterley (1805-1891) im
Auftrag von Carl Stolterfoht. Da Oesterley nur bis 1872
in Lübeck in der Mühlenstraße ansässig war, ist
das Bild vermutlich vor 1872 entstanden.
Maße inkl. Rahmen 34 x 27 cm im Besitz von Herrn Clemens
Fritzen, vormals Wolfgang Bartholly († 2002).
Der Kastorfer Park mit Herrenhaus Ende der 1930er (da
hatte sich der Retoucheur wohl etwas vertan). Im
Vordergrund noch ein Teich, der einen Rest des
ehemaligen Verteidigungsgrabens darstellt.
Das Kastorfer Gutshaus anfang der 1970er Jahre bevor der Park aufgesiedelt wurde. In diesem Bereich befand sich der schon anfang des 17. Jahrhunderts genannte ehemalige Lustgarten.
Der wohl kurz nach 1401 wiedererrichtete Bergfried Fredeburg 1594
Wann der Kastorfer Gutshof entstanden ist, läßt sich
leider nicht mehr rekonstruieren. Auch ist über die
Vorgängerbauten des heutigen Herrenhauses von 1801/1803
nur sehr wenig bekannt.
Vermutlich stand ursprünglich mehr zur Kreuzung nach
Oldesloe hin eine Motte
(Turmhügelburg) der Ritter von Crummesse, die wohl in der
ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts enstanden ist.
Während die Slaven ihre Burgen mit Wall und Trockengraben
umgaben, schützten die Sachsen, ihre Burgen mit Hügel und
Wassergraben. Sie bauten ihre Burgen auf Hügeln
unterschiedlicher Größe, immer in quelligen Niederungen in
der Nähe von fließendenden Gewässern, im Kastorfer fall
also an der Göldenitz, so dass der Wehrgraben stets mit
Wasser versorgt wurde. Der Boden für den Bau des Hügels
wurde aus der unmittelbaren Nähe entnommen, nämlich mit
dem Aushub des Grabens. Doch baute man den Hügel zunächst
nur bis etwa 2/3 der Gesamthöhe auf, um darauf dann die
Holzburg zu errichten. Erst danach erfolgte die
Grabenfertigstellung, und mit dem hier gewonnenen
Aushubboden wurde die endgültige Hügelhöhe erreicht, das
heißt, die Burg wurde eingemottet, sie wurde gegen ein
Umfallen gesichert. Die Masse des Grabenaushubes
entspricht der aufgeworfenen Masse des Burghügels.
Dieser anfänglich wohl hölzerne Turm wurde später durch einen massiven Ziegelbau mit Feldsteinfundament ersetzt.
Die verschiedenen weitreichenden Umgestaltungen des
Hofgeländes machen es heute kaum noch möglich Indizien für
die alte Befestigung zu finden. Da könnte wohl nur noch
eine archäologische Grabung weiterhelfen. Offensichtlich
wurde schon vor 1776 (s. Karte unten) auf die
Wehrhaftigkeit der Anlage zu Gunsten eines barocken
Gartens verzichtet. Auch wird klar, dass am südlichen
Ende der Anlage der ehemalige Wehrgraben zugeschüttet
wurde. Südlich davon, noch weiter in Richtung der Kreuzung
nach Oldesloe, befinden/befanden sich noch weitere Teiche
direkt zur Göldenitz hin (s.Karte von 1801). Auch war hier
vermutlich eine echte Kreuzung zwischen der
Hamburg-Lübecker-Landstraße und der Straße von
Siebenbäumen nach Berkenthin, die einfach der Göldenitz
folgte. Diese Umstände legen nahe, dass sich die
Wehranlage vermutlich eher in diesem Bereich befand, als
an Stelle des heutigen Herrenhauses.
Die erste konkrete Nachricht stammt aus dem Jahr 1575. Da
wird im Streit um Kastorf gesagt " in dem gebeude des
bergfriedens ihrem sitz " und dann weiter "dasz
sie hetten durch ihre diener ein fenster an dem
bergfried auffmachen, darin steigen und das bergfried
von innen eröffnen lassen. Da nhun die paurn alle in dem
meyerhause zusammen kommen gewesen, hette man sie in das
bergfried für die obbemelte hern eingefurdert". Diesen
Bergfried haben wir uns wohl ähnlich wie den oben
dargestellten Fredeburger Bergfried mit anschließendem
Wohntrakt vorzustellen, nur das der Kastorfer mit
Sicherheit noch zusätzlich mit einem Graben umgeben war.
Auch in Behlendorf ist 1496 so ein "berchfred"
nachzuweisen (heute Badestelle).
Erhärtet wird diese These durch die nächste vorliegende Beschreibung des Kastorfer Hofes von 1614: "Das stattliche Wohnhaus der Ritterhoff genannt mitt dem zugehörigen Lustgarten, Hofe, Scheunen und anderen Gebeuden, ingleichen die Wohnungen deren an der Zahl dreyundzwanzig, ..." (mit den 23 Wohnungen sind die Wohnhäuser der Bauern gemeint). Da sich der Wert des Kastorfer Gutes während der Zeit von Kolthoff von 1566 noch 6.000 Mark auf 19.000 Mark 1597 mehr als verdreifacht hat, muss man wohl davon ausgehen, dass schon Kolthoff hier einige Investitionen vorgenommen hat und das Herrenhaus jetzt dem in Mustin (s. Rantzau-Tafel) oder Tüschenbek geähnelt hat.
Aber spätestens zur Zeit der von Wickedes (1626) wird der Hof zum wehrhaften und repräsentativen Herrensitz mit Gräben und Wällen, die die gesamte Hofanlage umgeben (s. Kartenausschnitt), umgeben. Es ist ein Torhaus mit Glocke vorhanden. Und das Herrenhaus wird kurz vor 1667 um eine "große neue Stube" erweitert und ist unterkellert (Kalkkeller).
1747 wird die Gutsanlage wie folgt beschrieben: 2
Wohnhäuser, 1 Kornscheune, 1 Viehhaus, 1 Pferdestall, 1
Brauhaus. Die Gebäude müßten aber, wenn man dort nicht
selbst wohnen möchte, zumindest mit 100 ML in Stand
gesetzt werden, um das Gut zu verpachten.
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Der noch ehemals symetrische barocke Garten ist mittlerweile zu Gunsten eines englischen Landschaftsparks gewichen. |
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Das Herrenhaus in der 30er
Jahren während Familie Halske hier wohnte
Die Rückseite
des Herrenhauses hat hier 1948 die vierzehn Jahre
alte Edeltraut Otto als Aufgabe im Kastorfer
Schulunterricht säuberlich gezeichnet.
Im Park: Alte Eiche auf den letzten Resten des Walls links daneben der ehemalige Graben.
Das Herrenhaus Mai 2009, wieder mit
schwarzem Dachpfannen eingedeckt, wie es 1813
beschrieben ist.
Hofseite 2009 Kellertür, darüber Wellenband, die Wellenrichtung wechselt auf der Mittelachse des Hauses