Die Zeit der Familie von Wickede II

1667: Der Gutsherr ist tot – es lebe der neue Gutsherr

Im Jahre Ihrer Majestät Leopold I.  des Reiches König im neunten, des hungarischen im zwölften, und des böhmischen im elften Jahren (und das ist schon die stark gekürzte Anrede), freytags war der dritte May, umb elf uhr Mittag auf dem Hoffe Castorff zwey Meillen von Lübeck gelegen in der großen neuen Stuben daselbst der Wohledlgebohrne gestrenge und veste, Juncker Thomas Hinrich von Wickede (*1632, † 1676) vor mir zu ende benannten öffentlichen Notar erschienen, und mündlich mir angebracht hat was maßen nach seines hochgeehrten Herrn Vatters, des Weyl. Wohledlgebohrnen gestrengen vest- und hochweisen Herrn Gottschalk von Wickede (*1596, † 1667) Bürgermeister der kayl. freyen und des heyl. Reichß freyen Stadt Lübeck, und auf Castorff und Wesloe Erbherr, seeligen abscheiden aus dießen Weld, das allodial-Landguth Castorff mit Zubehör ihm unter anderem testamentarisch noch zu Lebzeiten überlassenen Erbtheil zugekommen, und von einem sämbtlichen Miterben aufgetragen und zugeschlagen worden, wann dann dießen Tag dazu bewahret, daß die zum guthe Castorff gehörige unterthanen ihres, dem hochseel. Herrn Bürgermeister bißhero huldigen Eydes erlassen, und Ihm dem neuen Herrn zu eyden und Pflichten wider angewiesen, wie es im guth Castorff althergebracht ist und übergeben werden solte, als bestellte er mich als Notar, daß ich solchem als bezeugend beywohnen, denen unterthanen den gewöhnlichen Eydt abzunehmen.

Zu den Zeugen: Lucas Stauber (der Schwager) ist unpäßlich, zugegen sind namentlich Juncker Henrich Kirckring, Juncker Thomas Henrich von Wickede, Juncker Gottschalk von Wickede (Bruder) , Juncker Johann von Wickede (Bruder), Juncker Henrich Adrian Müller und Juncker Alexander von Wickede (Bruder, * , † 1697) in der schon oben genannten großen Stube zu Castorff versammelt gewesen, auch die sämtlichen zum Gute Castorff gehörige unterthanen, namentlich: Lütke Kop der baurvoigt ein hufner, Hinrich Wegner ein Hufner, Henrich Bentien ein Hufner, Claus Leßau ein Käthner, Tönnis Bentien ein Halbhufner, Hinrich Meins ein Käthner, Jürgen Beutin ein Käthner, Henrich Martens ein Käthner, Alberth Beutin ein Käthner, Hannß Beutin ein Käthner, Tönnis Leßau ein Käthner, Stoffer Schröder ein Käthner, Jochim Knöcker ein Inwohner und Jochim Beutin ein Inwohner, erwenter Goßel Busch, welcher bettlägrig und deßhalben persöhnlich nicht erscheinen können, mit zugehöret: so in besagte große neue Stube mit eingeführet worden.

Und lautet der Eyd: Ich N.N.N.N. etc. Schwere to godt enen Eed, dat ick minen Junckern Thomas Henrich von Wickeden will getreuw, hold, und gehorsahm syn, des Junkeren Schaden verhinderen, sin bestes beföddern, ook in minen handenst und Verrichtungen flietig syn, dem vam Junckern jeden Tydt verordneten Vagt*, edder wol sünst darto bestrebet iß, billigen gehorsahm leisten, der holtzfisch und ander derenye, wo die nahmen hebben moehten mich entholben, den Minegen ock nicht to geren wat se mit minen Weten und Willen hier wedden etwas don, und dat so wohr als my Godt helpe düßen Eed schwer ick Godt to holden de Tydt mines Levendes.

Hierauf haben sowohl die Herrn als auch die sämbtlichen unterthanen hochgemelten Juncker Thomas Henrich von Wickede gratuliret und glück gewünschtet, und ist damit dieser Akt verrichtet und vollzogen worden. In gegenwarth der ehrbahren Gerden Kosen und Timmen Vogt glaubhafften hierzu sonderlich berufenen gezeugen. Und dieweil ich Johannes Julianus Schaubing, Notar nebst abbesagten zeugenbeygewohnt, alles also, wie obgeschrieben geschehen sey, angehöret und auch fleißig notiret und aufgezeichnet. ...

*Vogt auf dem Kastorfer Hof war von 1648-1678 Bartelt Grube

Grube, Bartelt *?, † 1678
Vogt Kastorf, Pate Krummesse 1648, 1664, 1668
1659 GA Nr. 39, Gerichtsvogt 1668 GA Nr. 39
∞  vor 1648  NN,
K.: Engel *(1648), ∞  Siebenbäumen 1668 Wegner, Heinr. , † Kl. Wesenberg 1673 "eine liebe Frau"

vermutl. Bruder von Jochim Grube, Krummesse s. Taufe Gesche Grube 1648

Anmerkung: Die oben aufgeführten "Unterthanen" sind nicht alle Kastorfer Bürger, nur die dienstpflichtigen, d.h. z.B. der Papiermüller, der Schmied (wenn es schon einen gab) sowie die Hofleute waren ja frei, brauchten also auch keinen Eid schwören.


 Thomas Heinrich von Wickede 
* Kastorf 1632, † Kastorf 21.9.1676, s. Stadtbücherei HL Stammbuch MS Lub 4° 349
studiert 1645 in Rostock
1656 Zirkelherr, Gutsherr auf Kastorf und Bliestorf, kauft Bliestorf 1670, 1672 Lübecker Ratsherr
∞  1656 von Köhler, Agneta  *1640, † 1658, To. von Bgm. Anton Köhler
∞  1658 von Brömbse, Magd. *?, † 1688, von Steinrade
Kinder:
Gottschalk Anton   * 1657  ff
Soph. Agneta * ?
Thom. Hinr. * 1659, † 1734, ∞  von Brömbsen, Gutsherr Bliestorf
Johann  *1660, † 17. Mai 1662
Magd. Dor. *1661, "obiit virgo“ als Jungfrau verschieden  † 1675
Johann *1664,  † 1732 > Gutsherr Steinrade
Hermann * 1668, † 1702, Gutsherr Goldberg/Wakenitz

Lübeck Dom-Wochenbuch 1673: "Dinstags sandt H. Thomas Hinrich von Wickeden Rahtsverwandter 60 Mark wegen seines Vaters weiland H. Burgermeister Gottschalck von Wickeden Wapen, so er an verwichenen Sonnabend mit Bewilligung der H. Vorsteher nordwers oben an dem ersten Pfeiler beym Chore aufhengen laßen." s. Epitaph seines Vaters

Am 1. Juli 1677 zahlen "die Erben Sehl. von Wickeden vor die Glocken 6 ML" dem Siebenbäumer Pastor. Fragt sich nur wer da ein Jahr nach dem Tod von Thomas Hinrich gestorben ist, ist es etwa Sophia Agneta?

1678 gibt der "Junker zu Kastorf" 30 Mark zum Kirchturmbau in Siebenbäumen.


1673: Kleinkrieg unter Nachbarn

Ab 1670 gehört nun auch Bliestorf den von Wickedes. Diese, obwohl eng Verwand mit den von Brömbsen auf Krummesse, führen mit ihren Nachbarn vermutlich ab 1673 einen erbitterten Kleinkrieg, der selbst den Lübecker Senat beschäftigt.

Von 1656 bis zu seinem Tod 1676 übernimmt Thomas Hinrich von Wickede auch den Bliestorfer Hof, den er als Meierhof betrachtet. Obwohl er selbst mit einer von Brömbsen verheiratet ist, hält es ihn nicht davon ab 1673 die Grenzfrage um die Teiche zur Brömbsenmühle wieder aufzuwerfen, die erstmal mit einem Vergleich abgeschlossen wird.

Die neue Führung der Hamburg-Lübecker Landstraße ab 1676 über Bliestorf und Kastorf verschärft die Situation, denn die Lastwagen nehmen wohl des öfteren die Abkürzung über den Damm bei der Brömbsenmühle.

Zu Ostern 1680 läßt Gotthard von Tode, Erbherr auf Rondeshagen und Vormund der Bliestorfer Wickede Erben den Weg der über Bliestorfer Land verläuft und zur Brömbsenmühle führt, sperren. Noch vor zwei Jahren, so berichten die Krummesser Bauern, sei man frei über den Krummesser Mühlendamm gefahren und der Schlagbaum vom Müller ohne Verweigerung geöffnet worden.

Am 8. Juli 1680 wird der Bliestorfer Bauernvogt, Tite Schnouver von der Lübecker Kämmerei angewiesen, das dem Müller, Marten Schleißner zu Krummesse entwendete Vieh wieder zurückzugeben.

Am 14. Juli des selben Jahres berichten die beiden Kastorfer Hans Koop und Jochim Bodin der Lübecker Kämmerei, dass die Kühe des Krummesser Müllers auf der Bliestorfer Wiese geweidet hätten und als die Magd des Müllers sie bemerkt hätte, habe sie die Kühe wieder auf das von Brömbsche Land getrieben.

Im Oktober 1680 gibt nun der Umlauf des Mühlenteiches, der angeblich auf Bliestorfer Land liegt und dort demzufolge illegal von den von Brömbsen angelegt wurde, Anlaß zu weiterem Streit, der am 13. November vollends eskaliert.

Aber lassen wir doch am besten die Zeugen selbst berichten. Als erstes wurde der Müller Marten Schleißener vernommen. Er gibt zu Protokoll: ..hster ohngefehr 14 tage vorhero, ehr Hr. Gottschalk v. Wickeden den  kreuz weg bey der Mühlen anlegen lassen, des Morgens früe auff dem Mittelsten Mühlendamm gekommen, hette er gefunden, daß nicht freyer von dem grundwerk, so er (zu Wickeden) Jetzo vernichten lassen, da der Damm am schmalsten gewesen, an dreyen Unterschiedlichen orthen, nahe beyeinander, das Wasser, als kunstbrunnen oder Fontainen auf dem Mittlern teich durch den Damm in den ersten teich gelaufen, und fast ein halb Mannes länge in die höhe gesprungen, so wan es noch ein viertel stunde möchte geschehet haben, es Menschliche Vernunft nach durchbrechen, undt der erste Damm zu sampt der Mühlen (weilen das Grundwerk auf dem Mühlenstade vermodert und der Damm gantz baufellig wo nicht mit vergehen müßen, doch zum wenigsten alle erde in der Kuhle hinter dem anderen Damm) den jetzo die bleystorffer seinen Junker streitig machen gelassen und alle Brunnen, so noch ubrig machen gelassen/: gleich vor etzlichen Jahren das jetzo ruinirte Grundt weil auch Untedlicher Weise, heimlich durchgestoßen worden, daß die erde auf dem damme, in r..stehnte kuhle und teich gelaufen, und also nur wiese |: da zu vorn lauter brunnen und rothe quellen, darauff kein Mensch gehen können, gewesen, :| machen müßen :|: verstopfet, und be... omnes testes daß stauung des ersten teiches sehr verringert wer, in dem wegen des hineingetriebenen Sandes der teich nicht mehr so hoch hinauff als vorhin, konnte gestauwet werden:

Ferner deponieret der Müller folgendergestalt wie es nehmlich sich begeben daß alß er jüngst hin vom 8ten biß 9ten may des Nachts zwischen 12 und 1 uhr von dem vielfeltigen bellen der Hunde |: oder vielmehr auß Göttlicher Schickung :| erwachet, wehr er aufgestanden, undt mit großem erschrecken befunden, daß nicht allein seine Mühle voll Wasser, sondern daß das Wasser durch das zu der zeit gantz bawfellige grundwerk schon wohmsweise gestrichen, und aber des gantzen Damm beginnen zu lauffen, darauf er dann in der Eyle die Wasser schütten aufgezogen, und weil er vernommen, daß der große Wasserfall aufm Mittlern teiche gekommen wehr er nachm Hoffe gelauffen und umb hülffe gerufen, damit nur die Mühle gerettet würde, worauff dan alle deß Junkers leuthe, soviel man bey der nachtzeiten haben: zu wege gebracht werden können, nachm Mittlern Damm, und in specie obberührte 5. testes, gelaufen, die dan so viel verschaffet, daß das wasser so weit wider gefangen, daß ein Kloppdamm vor der ruinirte grundwerk geschlagen, welcher dann das Wasser wider in seinen gräntzen gehalten, und also der augenschiedlich gefahr in etwas gewehret worden.

Nach dieser deposition attestirte der Müller bey solcher beschaffenheit des handels, weiter daß er noch das aller unchristlichste undt unverantwortlichster unter allen diesen verübten attentaten wehr, daß Sie bey solche Ihrem bösen Vorhaben beginnen, Ihn aufes wenigste nicht hetten gewarnet, solcher auff die Mühlen zustoßenden Wasserflutt nebst seinen 8 bey sich habenden Christlichen Seelen sonderlich bey nachtschlafender Zeit zu entgehen undt Ihr leben zu salviren, welches bey solcher beschaffenheit nicht geschehen wehr, wan nicht der liebe Gott sonderlich ein wachendes auge über Ihn und die seinigen gehabt hette, wo vor Ihre göttliche Mayl: mann billig zu danken. Nachgehends als er Müller, das wasser in etwas wider, mit hülfe seiner Leüthe, gefangen, wer erst Gossel Meins von Bleystorff gekommen und zu seiner Magd gesaget sie solle die freyschütten auffziehen, ihr aber dabey austrücklich befohlen, Ihm nicht zu melden, er wehr heimlich gekommen: aber post festum. Denn wan er, der Müller, hette solange, bis dieser bothe gekommen, gewartet, hette das Wasser die Mühle längst weggeführet gehabt.

Es berichtet auch der Müller ferner, daß, als die kastorfer verwichen Sommer holtz beym Waßer geführet, Ihrer 3. knechte gegen abend über den Damm gegangen, und wie einer von Labense beym äußersten schlagbaum auffm Damme gehalten unb Mahlen zu lassen, sie denselben nicht allein mit harten scheltworten bedrohet, er solte umbkehren und nach der Kastorfer Mühlen fahren, Ihm aber, als er solches nicht wollen, geschlagen und sein wagen übern hauffen geworfen, daß die digxel seiner Pferde bey nahe bey fuß entzwey geschlagen hette. Worüber er, Müller, nebst flögeln diser höchst unbilligen procedura wegen prasens derer anwesenden, Hh Commissarien bey deren wichtig HH. Vormündern geklaget, er wehr aber nichtes darauf erfolget.

So hatte Junker Gottschalk von Wickede den Kastorfer und Bliestorfer Bauern befohlen, des nachts den Mühlendamm aufzugraben, die Schütten herauszuziehen und zu zerstören.

Damit war der Streit aber noch lange nicht zu Ende und ging sogar in die 3. Generation. Seinen absoluten Höhepunkt erreichte er an einem Sonntag 1690 in der Krummesser Kirche (s. Chronik Krummesse), nur soll hier darüber nicht mehr berichtet werden, da die Kastorfer nicht mehr weiter daran beteiligt waren.



 
Fensterscheibe im St. Annen Museum, Lübeck mit Wappen Anthon Gottschalk von Wickedes (*1657, † 1704).

Im 17. Jahrhundert war es Mode solche Scheiben zu besonderen Anlässen als Geschenk zu überreichen. Wen der damalige Kastorfer Gutsbesitzer damit allerdings beglückt hat, ist nicht mehr überliefert.

 

 Gottschalk Anton von Wickede  I
* 1657, † 1704,  1682 Zirkelherr, Senator
Gutsherr auf Kastorf , Tolzin (Dolzien), Viegliebe (Nichleve), Fredenhagen (Friedrichshagen) alle im Kreis Güstrow und Schönböken, zudem erbt er Moisling und Wesloe
1702 in den Meckl. Adel aufgenommen
∞  1681  von Höveln, Cath. *1658, † 1707
Kinder:
Agneta Angelica *1682, ∞ von Dessien, Joch. Dethlef
Eugenie *? starb jung
Thomas Heinrich *1683, † 1684
Gotthard Gottschalk   * 1684 ff
Johann Anton, * Kastorf 1685, † 1728, Gutsherr Schönböken, Oberhof, ∞ 1718 Pressentin,  Anna Hedwig
Heinrich Christian * 1686, † 1721 königl. Dän. Hauptmann
Magd. Cath. *1687, † ?, ∞ von Witzendorf, Georg
Marg. Sophie *1688, † ?, ∞ von Rauch, Christin Berthold
Gottschalk Anton  II * 1689, † 1740, Gutsherr Tolzien und Negleve, 1. ∞ von Klein, Anna Helene, 2. ∞  Knustorf, Gabriele
Cath. Dorothea * 1693, oo 1718 von Wickede, Melchior Thomas
Hieronymus Nicolaus *1697, † 1713

Gottschalk von Wickede hat in Helmstedt und Heidelberg studiert. 1680 reist er nach Köln, Holland, England, Flandern und Paris, wo er sich 9 Monate aufhält. Über Dortmund kehrt er zurück.

1674: 8. März strenge Kälte mit viel Schnee (s. Krummesser Kb.)

1675: Hamburg - Lübecker Frachtweg wird über Kastorf geführt

Mitte des 17. Jahrhunderts läßt der Dänische König den Wegezoll in Oldesloe an der wichtigen Hamburg-Lübecker-Landstraße erhöhen. Das hat zur Folge, dass die Frachtfahrer und Kaufleute  eine alternative Strecke über Trittau nach Hamburg wählen. Die alte Heerstraße die über Krummesse, Berkenthin, Nusse, Koberg, Trittau, Rahlstedt, Wandsbek nach Hamburg führte. Doch diese Strecke ließ sich noch optimieren.

So vereinbart der Lübecker Rat 1676 mit Thomas von Wickede Gutsbesitzer von Kastorf und Bliestorf, dass der Hamburg-Lübecker Frachtweg von Krummesse kommend jetzt über seine Güter Bliestorf und Kastorf geführt werden darf. Der Weg wurde dadurch um 1 Meile (7,5 Kilometer) kürzer und die Fuhrleute benutzten diese Erlaubnis gern. Aus Dankbarkeit verpflichteten sie sich, ihm jährlich einen Elblachs von 20 Pfund und eine Tonne Hamburger Bier zu liefern, auch seinem Vogt, der die Aufsicht über die Wege hatte, ein paar Stiefel.


Diese neue Strecke war natürlich dem jetzt starken Verkehr mit schweren Fuhrwerken nicht gewachsen. So mußte auch für hinlängliche Breite des Weges, 20 Fuß (5,75 Meter) und für Fahrbarkeit desselben gesorgt werden. Ersteres konnte nur durch Verhandlung mit dem Gutsbesitzer geschehen, der den Grund und Boden dazu geben mußte, und es gelang nicht ohne Schwierigkeit. Für die Instandhaltung des Weges war der Lübecker Rat zuständig. Es geschah zunächst auf die damals übliche Weise durch Ausfüllung der entstandenen Löcher mit Sand, Holzwerk und Gesträuch. Aber das genügte nur immer für kurze Zeit, die Klagen der Fuhrleute, dass es sogar gefährlich sei, die Wege zu fahren, wiederholten sich immer. Der Lübecker Rat entschloß sich daher, einen Steindamm anzulegen (s. dazu Bliestorfer Flur "Steindammkaten"). Der Weg wurde nun zwar holperig, aber doch fest und sicher. Der ernormen Kosten wegen fing der Rat 1696 an, in Kastorf (Kastorfer Zoll) ein Wegegeld zu erheben. Ein großer Frachtwagen mußte 12 Schilling, ein kleiner 8 Schilling bezahlen, ein anderer mit 4 Pferden bespannter Wagen 4 Schilling u.s.f. (s. Wegegeldrolle) Die Fuhrleute hatten ihr Einverständnis schon vorher erklärt und bezahlten gern.

 
Der Kastorfer Zoll um 1900, das Gebäude, in dem auch ein Krug untergebracht war, stammt vermutlich aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts

"Weil der Steindamm und Frachtweg zwischen Hamburg und Lübeck erst im Jahre 1718 durch Castorf gezogen worden, und vorher von Castorf ab gar kein fahrbarer Weg nach Lübeck hingangen, vielmehr die Castorfer selbst allerley Umwege nehmen müßen, nach dem Jahr 1718 aber und solange der Steindamm gewesen." Als aber der Rat 1718 die Verordnung zu revidieren beabsichtigte und davon nach Hamburg Mitteilung macht, findet er dort unerwarteten Widerspruch. Der Hamburger Rat erklärt nicht nur dies Wegegeld für eine durchaus zu mißbilligende Erschwerung des Verkehrs, sondern bestreitet sogar dem Lübecker Rat das Recht, es zu erheben, da Wegegeld nur ein anderer Name für Zoll sei, ein neuer Zoll im Deutschen Reich aber nicht anders als mit Genehmigung des Kaisers angelegt werden dürfe. Darauf erwidert der Lübecker Rat, dass es nicht unerlaubt sein könne, für die Benutzung eines auf eigenem Gebiete mit großen Kosten angelegten Weges eine Abgabe zu erheben, die jeder vermeiden könne, der nicht diesen Weg, sondern die alte Heerstraße fahre.

Bei den späteren Verhandlungen mit Hannover über die Territorialhoheit ist es, eben dieses Weges halber, des Lübecker Rates lebhafter Wunsch, Kastorf zu behalten, aber er konnte nicht dazu gelangen. Der Kurfürst von Hannover, zugleich König von England, versprach indessen im  Vertrage vom 4. Februar 1747, den Steindamm auch seinerseits gut zu unterhalten. Da ihm dreiviertel des Weges abgetreten wurden, mußten ihm auch dreiviertel der Abgabe zugestanden werden, Lübeck behielt nur ein Viertel. Der Ertrag war seitdem immer unerheblich und wurde vollends unbedeutend, als 1851 die Eisenbahn eröffnet wurde. Die Zollhebung hat trotzallem bis 1878 angedauert. Die Wegegeldeinnehmer s. Kastorfer Zoll .


1684: Familiengruft in der Krummesser Kirche und Kirchweg nach Siebenbäumen

Herzog Julius Franz von Launeburg bestätigt am 11. September diesen Jahres den Brüdern Gottschalk Anton von Wickede auf Kastorf und Thomas Hinrich von Wickede auf Bliestorf die Einrichtung eines Erbbegräbnisses in einer Gruft unter der Orgel in der Krummesser Kirche. Dafür bezahlen sie der Kirche 200 ML. Das ist insofern ungewöhnlich, da die Kastorfer ja zur Siebenbäumer Kirche eingepfarrt sind.

Um zur Siebenbäumer Kirche zu gelangen, muss von Wickede den Siebenbäumer Bauern Land abmieten.



Die Krummesser Brömbsenmühle um 1690

1685: Die Papiermühle wird in eine Zwangskornmühle umgewandelt

Zu wissen alß der Wolseel. Hern Tohmas Hinrich von Wickede weylandt Rathsverwandten der Statt Lübeck, auf Castorff und Bleistorff Erbhern nach gelassene Söhne Herrn Vörmünder, bei führung ihrer vormundtschafft wahrgenohmen, daß die Papiermühle zu Castorff dem Guthe wenig bey trüge, zudem der Papiermüller von einem Jahr zum andern die Heuern nicht abgetragen, auch endlich gahr im geheim davon geflogen, dahero auff die gedanken gerahten daß sie solche Papier Mühle in eine Kornmühle zu verwandeln, dem Gut zu traglich wehre, gestalt Sie auch zu wercke gereichet, hiebey aber in Consderation gekommen ist, das solche Kornmühle von den Castorffer Untertahnen allein sich schwerlich erhalten könne, dahero vor notig erachtet worden, daß daß Guth undt Dorff Bleistorff auch dahin gelegt werde. Jedoch mit diessen beding daß der Müller zu Kastorff alle mahl daß Hoffkorn von Bleistorff ohne Matten undt Mehlgeldt soll frey mahlen, außgenommen daß Deputatkorn, wovon er Matten nehmen mag, wie er den auch den Bleistorffer Untertahnen ebenfals kein mahlgeld nehmen, sondern sich bloß mit der Matten vergnügen muß, wofür hergegen die bleistorffer leutte nebenst den Castorffern alle Jahr einen tag die Mühlenbeek auff zureuhmen schuldig sein sollen, wobey zu gleich beliebt daß wan ein bleistorffer Untertahn etwa nach einer andern mühlen ziehen wolte, undt solches dem Müller zu Castorff kundt, undt darüber klagen würde, auff sein ansuchen der zu bleistorff alsofort mit den Müller hingehen, und den Ubertretter daß Mehl oder Brodt nehmen, undt solches den Armen gegeben werden solle, auch da diesses bei den bleistorffer untertahnen nichts verlangen wolte, so verbindet diesses die Obrigkeit mit ernst der Contradenieten durch behöriger Anhangsmittel zu Ihrer Schuldigkeit an zustrengen.

Als dan um  -- H. Tohmas Henrich von Wickeden das Gut Bleistorff angetretten, hat er obiges alleß sich wolgefallen lassen, jedoch mit diessen vorbehalt, daß sein Bruder Herr Gottschalk Anton von Wickede auch hergegen Consentiren möge, daß das gut Bleistorff Ihm für 37333 M 5ß 4Pf undt nicht vor 40000 M wie sein seel Vater in seinen Haubtbuches angezeichnet, möchte zu geschlagen undt gelassen werden welches dem auch H Gottschalk Antohn von Wickeden, so viel seine persohn betriefft, im obigen Respect gerne getahn, undt krafft diesses es also zutuhn undt zu halten verspricht, auch beide Teihle hiemit gegen ein ander vorsich undt Ihre Erben undt allen kü(n)fftigen besitzern der beiden güther Castorff undt Bleistorff auff waß ahrt undt weisse im rechten beständigst geschehen soll, kan oder mag, Reversiren, undt dern Herren Vormünder Intention in errichtung der Castorffer Korn Mühle de novo firmiren, Alles ohn zweifach außgefertigt undt von beidten eigenhändig undterschreben, undt mit ihren Pitten (Petchaft) besterket worden. So geschehen Castorff Anno 1685 den 8 February

Gottschalk Antohn von Wickeden. Thomas Henrich von Wickede

Gottschalk Anton von Wickede, Erbherr auf Castorff, Toltzin, Vigliebe und Schönböcken. Senator
Verheiratet mit Catharina von Höveln.

1699: Plessenmörder werden in Kastorf dingfest gemacht

Am 13. April 1699 wird der Gutsherr Johann Georg von Plessen (*1649) auf dem Felde seines Gutes bei Stellshagen in Mecklenburg von sechs seiner Bauerknechte "elendich" erschlagen.  Darunter Corporal Jürgen Thiel, Martin Ralle und Johann Litge. Diese läßt der Herzog von Mecklenburg per Steckbrief suchen. So werden diese am 16. April auf dem Hamburg-Lübecker-Frachtweg im adligen Gericht Kastorf durch die Mecklenburger Marx Egers, Johann Warnemünde und Heinrich Tretau dingfest gemacht. Bei der Festnahme wird Heinrich Tretau tötlich verletzt und in Siebenbäumen später beigesetzt. Der Corporal wird auf dem Kastorfer Gut gefangengesetzt, um später ausgeliefert zu werden.
KARZ GA Kastorf Criminalia Nr. 39

24. April 1699 Ersuchen an den Rat der Hansestadt Lübeck wegen eines Durchtransportes zweier zu Kastorf inhaftierter Mörder nebst einem toten Körper, sowie des Pagel Hennings, der wegen Diebstählen u.ä. Übertaten, ebenfalls hier gefangen ist.
AHL ASA Externa Sachsen-Lbg. Nr. 494




1700: Die Protestantischen Länder nehmen den Gregorianischen Kalender an

Der Gregorianische Kalender löste den bis dahin geltenden Julianischen Kalender ab. Er wurde Ende des 16. Jahrhunderts entwickelt und 1582 durch eine päbstliche Bulle dekretiert. Wurde aber von den evangelischen Ländesn des Deutschen Reiches erst 1700 angenommen. So folgte auf den 18. Februar unmittelbar der 1. März 1700.

1700: Der Nordische Krieg

Der schwerste von allen Kriegen dieses Zeitraumes war der Große Nordische Krieg, in dem gleichfalls Schweden zusammen mit dem ihm durch nahe verwandtschaftliche Beziehungen verbundenen Herrscherhause zu Schleswig-Holstein-Gottorf im Mittelpunkt stand.
Um dem von den Dänen bedrängten gottorfischen Gebiet in Stormarn zu Hilfe zu kommen, überschritten die Schweden und Braunschweig-Lüneburger am 29. Mai 1700 die Elbe am Zollenspieker und bei Boizenburg, warfen die Dänen zurück und stießen in östlicher Richtung vor bis nahe an die Tore Lübecks. Die Truppen führte Herzog  Georg  Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg. 

Reinfeld, Wesenberg, Hamberge und Moisling wurden besetzt. Hier jedoch trafen sie auf einen unerwarteten Widerstand der Landbevölkerung. Davon kündet folgendes Schreiben vom 8. Juli 1700,  gerichtet „An  die v.  Wicken  (Wickede)  zu  Moislingen“: „Von Gottes Gnaden Georg Wilhelm, Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg.
Liebe Besondere! Als man mit der alliirten Armee anhero zu rücken gemüßiget worden und wir vernehmen, daß dieser ends an verschiedenen Orten die Bauren sich zusammenrottiret haben und hin und wieder schaden thun sollen, dahero dann resolviret werden müssen, umb solchem Übell zu steuren, alle Bauren, bey denen man einig Gewehr finden wird, niederzumachen und die Dörfer, worin sie sich aufhalten, anstecken zu lassen. Es wäre denn, daß ihre Nachbarn (!) diejenigen, so sich mit Gewehr betreten lassen, selbst anmelden, welchenfalls ihre Häuser billig verschonet werden. So haben wir nicht unterlassen wollen, Euch davon zu benachrichtigen, damit Ihr bey den Eurigen solche Anstalt verfüget und selbige warnet, sich kein Nachteil auf den Hals zu ziehen. Wir verbleiben Euch mit Gnaden gewogen. Geben Oldesloh, den 8. July 1700. Georg Wilhelm.“

Auf der Rückseite:
„Unsern Lieben Besonderen, Sämbtlichen v. Wicken zu Meußlingen.
M e u ß 1 i n g e n.63“
Doch bald folgten auch die „Contributionen“, die Aufforderung zur Lieferung von Verpflegung für Mannschaften und Pferde.
Die erste Aufforderung erging bereits unter dem 12. Juni 1700 von Hamburg aus seitens des vor den Dänen dorthin geflüchteten Gottorfer Herzogs. Für jedes der Lübschen Güter wurden zwanzig Mann gerechnet. Diese Anordnung führte zu langwierigen Verhandlungen und unaufhörlichen Bittgesuchen seitens der Betroffenen. Wortführer waren namens der Lübschen Güter zu Stockelsdorf, Steinrade, Eckhorst, Mory, Dunckelsdorf, Moisling, Niendorf mit Recke und Trenthorst die Gutsherren Johann v. Wickede, Gottschalk v. Wickede und Anton v. Lüneburg. Sie beklagten sich unter Lübeck, dem 9. Juli 1700, „daß der Herr Obristleutnant Birckholtz sehr praecipitanter (überstürzt) widerunsverfahren, indem er Ew. Hochfürstl. Durchlaucht Patent vom 19. Mai uns erst vier Wochen hernach, als am 14. Juni, insinuiret (zugestellt) und gleich des anderen Tages darauf die Execution intimiret (angekündigt), auch die wirkliche Execution durch Einreißung der Häuser bald hernach, und zwar den 21. Juni, wider uns vollstrecket, und nicht soviel Zeit gegönnet habe, daß wir uns bei dieser unvermuteten Occurrenz, was wir zu thun oder zu lassen hätten, vorher recht besinnen, ja nicht einmal zween Tage Dilation und Aufschub durch Bitte von ihm erlangen können.“

Dabei berufen sie sich auf ihre altüberkommenen Privilegien und „Freiheiten“: „Eurer Hochfürstl. Durchl. können wir in tiefster Veneration nicht verbergen, wie daß unsere Güter von denen Herrn Grafen von Holstein allbereit für zwei-, dreihundert Jahren an Bürger der Stadt Lübeck mit solchen Conditionen verkauft sein, daß sie und deren Einhaber von allen oneribus tarn realibus, quam personalibus, ordinariis et extraordinariis (von allen Real- und Personallasten, ordentlichen und außerordentlichen), auf ewig befreiet, auch solche Freiheit sowohl in Kriegs- als Friedenszeiten zu genießen.“

Sie wären bereit, das alles „mit den Original-Kaufbriefen“ zu belegen. Überdies seien auch ihre Güter „in lite (im Streit) begriffen, ob sie zu dem Territorio Lubecensi oder Holsatico (zu Lübeck oder Holstein) gehören, und solange    dieser Streit von der Rom. Kaiserl. Mayestät noch nicht decidiret (entschieden) ist, solange können auch diese Güter weder von der einen noch von der anderen Partei in keine Contribution gezogen werden; Gestalt wir auf unsern Eid, Treue und Glauben Ew. Hochfürstl. Durchl. wohl versichern können, daß Ihre Königl. Majestät zu Dänemark und Norwegen bis diese Stunde an Contribution keinen Groschen noch Groschenswert von unsern Gütern gefordert, weniger genossen haben. Sondern haben Seiner Königl. Majestät wir jährlich nur ein gewisses Schutzgeld von unsern Gütern entrichtet, weil wir circa annum (um das Jahr) 1666 von der Popoulace in Lübeck große Gewalt und viele violenta spolia (gewaltsame Raubüberfälle) erleiden und zur Vorkommung unsers gäntzlichen Ruins aus Not den Königlichen Schutz suchen und dafür eine jährliche Recognition und Schutzgeld zu entrichten verwilligen müssen.“

Somit könnten auch ihre Güter zu keinem besonderen „Pflugschatz“ herangezogen werden. Demzuwider habe der Herr Obristleutnant Birckholtz sie „teils zu 10, teils zu 15 Pflügen angeschlagen“: „Wodurch wir in einem Jahr in Grund ruiniret sein würden, weil der Pflugschatz weit höher als der jährliche ganze Ertrag der Güter sich belaufen würde.“ Daraufhin richten sie an den Herzog die inständige Bitte, „den Herrn Obristleutnant Birckholtz gnädigsten Ernstes zu inhibiren, daß er mit Demolition der Häuser und Mühlen auf unsern Gütern einhalten solle“. Auch erbitten sie bei ihm eine persönliche Audienz und „unter Ew. Hochfürstl. Durchlaucht Hand und Siegel einen Paß gnädigst mitteilen zu lassen, damit wir sicher zu Ew. Hochfürstl. Durchl. ins Lager reisen und diese Affaire auf ein Ende bringen können“. Aus der Reise ist nichts geworden, und die Verhandlungen gingen weiter. Schließlich erreichten sie eine Ablösung der ausgeschriebenen Contributionen:
„Demnach die Possessores (Besitzer) der Adligen, bei Lübeck gelegenen Güter bis ultimo September die ausgeschriebenen Contributiones auf 2000 Reichsthaler abgehandelt und sich anheischig gemacht, solchen quanti halben mit dem Herrn Geheimbden Etatsrath und Generalkriegs-commissario v. Pincier, Baron v. Königstein, sich in Lübeck abzufinden.
Als wird dem Herrn Obristen Lieutenant v. Bergholtz solches hiermit zur Nachricht angefüget, damit die Execution nach getroffener Richtigkeit sofort eingestellt, auch der Executionsgebühr halber ein billig mäßiger Vergleich durch des Herrn Geheimbden Raths v. Pincier Vermittlung getroffen werden könne. Urkundlich Seiner zu Schleswig-Holstein regierenden Hochfürstl. Durchl. hier vorgedruckten Commis-soriat-Insiegels.
Geben im Hauptquartier zu Oldeslo , den 12. Juli 1700.“

Das herzogliche Schreiben wurde sogleich durch den Kaiserlichen Notar Johann Georg Schmeltzer am Dienstag, dem 13. Juli 1700, dem Obristleutnant v. Bergholtz, „kreierend in der Hamburger Herberge“ zu Lübeck, vorgelegt und nach einigen Bemängelungen und Einwendungen von diesem auch anerkannt, zumal der Herzog „als Königl. Schwedischer General“ sein Vorgesetzter war. Nur forderte er, daß mit Auszahlung der Exekutionsgebühr „sofort die Anstalt gemacht werden möchte“. Die Besitzer der Güter scheinen sich jedoch nicht sonderlich beeilt zu haben. Denn am 31. Juli ließ der „Junker Wetken“ von Trenthorst noch „im Namen aller Herren Interessenten“ den Advokaten in sein Haus in der St.-Johannes-Straße zu Lübeck fordern und legte ihm nahe, „die in dem Brief an Herrn Geheimbden Rath v. Pincier gesetzte 2000 Reichsthaler zu ändern und aus den 21 zu machen“. Was daraus geworden ist, erfahren wir jedoch nicht. Dies Unterfangen war doch wohl zu verwegen!
Zum Schutze der Güter wurden zehn „Salveguarde Briefe (Schutzbriefe)“ und zehn Guarde-Reuter erbeten, und zwar von Detlef Joachim v. Wetken „auf Trenthorst, Schenkenberg und Wulffenau“ je einer, desgleichen von Gottschalck Anthon v. Wickeden auf Castorf und für Johann v. Wickeden auf Stockelsdorf, von Hinrich Nicolaus v. Brömbse auf Bliestorf, Hinrich v. Brömbse auf Crummeß (Krummesse), von Johann v. Wickeden auf Groß-Steinrade, von Alexander v. Lüneburg auf Eckhorst und auf Mori und von Gottschalk v. Wickeden auf Moißling.

Doch die Kriegswirren zogen sich in die Länge, und für die Lübschen Güter nahmen die Drangsalierungen kein Ende. Besonders drückend wurden wieder vom Jahre 1710 an die Furagelieferungen. So erging an Groß-Steinrade folgender Befehl:
„Es soll das Guth von Steinrath morgen by guter Zeit nach Cronsfort vor die Commandierte fünfzig Bund Heu, acht Bund Stroh, ein Fuder Holtz liefern. Wo nicht, so soll Execution darauf folgen.
Cronsfort, den 18. November 1712.

1713 nach der Niederlage bei Gadebusch ( 20. Dezember 1712) waren die flüchtenden Dänen auf lübsches Gebiet übergetreten. Die Schweden drängten nach. Russen und Sachsen lösten sie ab und am drückensten war der Rückmarsch der Russen aus Holstein nach Pommern.

B. v. Witzleben Commandierender Capitain.“
Die Klagen der Dorfleute sind ergreifend. Das Land war völlig ausgesogen. Das Kriegsglück schwankte hin und her, und die durchziehenden Truppen plünderten und schunden die Bauern ohne Erbarmen. Gegenüber solcher Not waren auch alle Bittbriefe der verarmten Gutsherren vergebens. Sie reichen bis in das Jahr 1717 hinein.

1704-1719: Interimsgutsherrn

Nach dem Tod von Gottschalk Anton von Wickede 1704 übernimmt sein auf Bliestorf begüteter Bruder Thomas Hinrich (* 1659, † 1734) die Verwaltung von Kastorf. Unterstützt wird er hierbei von  Melchior Thomas von Wickede (*Olmütz 1682, † 1734, Pate Genin 1719, oo 1724 Cath. Dor. v. Wickede (aus Kastorf), V: Georg v. Wickede; 1724 Lübecker Ratsherr). Die  Angaben zu Melchior Thomas aus seiner Leichenpredigt sind recht wiedersprüchlich, da müssen dem Autoren diverse Fehler unterlaufen sein.  Er hatte zusammen mit seinem späteren Schwager Gotthard Gottschalk in Jena studiert und zu diesem wie seinem Onkel Thomas Hinrich ein inniges Verhältnis.  Melchior Thomas lebte auch auf dem Kastorfer Gut und stand Pate bei einigen Kastorfer Taufen ( s. Melchior Thomas Carstens, Sohn des Jägers * ca. 1730; Thomas Melchert Sauer, Sohn des Zolleinnehmers * ca. 1728). Seine eigene Ehe blieb kinderlos. 1708 brennt das Bliestorfer Herrenhaus nieder, so dass anzunehmen ist, dass Thomas Hinrich bis zu dessen Wiederaufbau auch auf dem Kastorfer Gut gelebt hat. Das Gut Kastorf wird in diesem Jahr (1704) mittlerweile auf 40.000 Mark taxiert.

1714: Kopfgeld zum Reichs-Contingent

Im May anno 1714 muss hierzu vom Kastorfer Gut 102 Mark beigetragen werden. Bliestorf entrichtet die gleiche Summe nur Rondeshagen muss 114 Mark leisten.

1721: Wickede erklärt Kastorf zum Fideikommiß

Der Wert des Gutes Kastorf beträgt mittlerweile 75.000 Mark.

1726: Die Kämmerei der Stadt Lübeck weist die beiden Gutsherren auf Kastorf und Rondeshagen an, dass ihre Untertanen es unterlassen sollen, den Fuhrleuten die Schleichwege zu zeigen, und dass der Schlagbaum zu Rondeshagen geschlossen bleiben soll.



Am 8. Juni 1730 verkauft Gotthard Gottschalk von Wickede (*1684, † 1737) die Kastorfer Mühle mit Krug und Teichen an Johann Wilhelm Sauer.


1737: Die Ära von Wickede geht zu Ende

Gotthard Gottschalk von Wickede
* Lübeck 1684  † Kastorf 1737
Lübecker Ratsherr, Gutsherr auf Kastorf, Pate Genin 1719
1. ∞  1719  von Witzendorf , Elisabeth.  *
Kinder:
Elisabeth Margaretha   * 4.2.1722, † 8.12.1724
Johann Leonhard    * 7.3.1723
Hermann Gottschalk    * 9.1.1724, er wurde 1 Tag alt
Thomas Friedrich    * 1.2.1725
Catharina Margareta    * 9.1.1726
ein Sohn    * 18.5.1728, † gleich nach der Geburt

Leichenpredigt  von Johann Heinrich von Seelen, Lübeck 1737

Gotthard Gottschalck von Wickede Erbherr auf Castorff, Ratsverwandter der Stadt Lübeck. * 27. April 1684, † 14. Februar 1737, begraben 28. Februar 1737 (wohl zu Krummesse). Es wurde von Jugend her mit ihm dahin abgesehen, daß er das gelehrte Geschlecht (familie eruditorum) vergrößern helfen sollte. Er bekam geschickte Leute als Lehrmeister, und der vater unterrichtete ihn selbst in Mathmatik. Mit 10 J. konnte er die deutschen Zeitungen in lateinischer Sprache fehlerfrei (fertig) vorlesen. Damit er etwas mehr als sein Vaterland kennen lerne, schickte ihn der Vater 1699 nach Kopenhagen, um die Krönung von König Friedrich IV. mit anzusehen. Es hatte ihn aber die Ritterschule dort so gut gefallen, daß er nach Heimkehr wieder dorthin reisen durfte und 2 Jahre diese Schule besuchte., wobei er mit vielen vornehmen Leuten bekannt wurde. Vor der Heimkehr besuchte er die Stadt Lund in Schonen, wo er die Hohe Schule mit Fleiß besah (Universität).

1703 begab er sich mit seinem Verwandten Melchoir Thomas von Wickede, der als lübeck. Rats- u. Kämmerherr am 3.5.1734 starb nach Jena. Seine Lehrer waren: Treuner in Philosophie, Hamberger in Mathmatik und Jura, ferner Geh.Rat Wildvogel; Struve, Schroeter und Floercke, alles hochgelahrte Männer. Er blieb hier über 4 Jahre, in welcher Zeit s. Vater starb. Nachdem studierte er einige Jahre in Helmstedt. Nach Heimkehr durchwanderte er Deutschland, reiste am Rhein bin in die Niederlande u. blieb eine Zeitlang in Amsterdam. 1711 besah er sich die Krönung Kaiser Karls VI. in Frankfurt a. Main. Hierauf bezog er sein adel. Gut Castorff u. ließ sich da nieder. Er bildete sich weiter, war an Medizin interessiert u. forschte in der Natur.

Er heiratete am 20. Oktober 1719 Elisabeth von Witzendorf, Tochter des Hermann Friedrich von Witzendorf, Bürgermeister und Probst in Lüneburg. Erbherr auf Wülschenbrock. Es wurden ihm sechs Kinder geboren:
Elisabeth Margaretha * 4.2.1722, † 8.12.1724
Johann Leonhard * 7.3.1723
Hermann Gottschalk * 9.1.1724, er wurde 1 Tag alt
Thomas Friedrich * 1.2.1725
Catharina Margareta * 9.1.1726
ein Sohn * 18.5.1728, † gleich nach der Geburt

Am 22. Februar 1735 kam er in den Rat, er war darin der 14. aus der Familie von Wickede, wovon 4 Bürgermeister geworden waren. Er war nun 2 Jahre Ratsherr. 1735 wurde er Ältester der Zirkelgesellschaft. 1736 hatte er seit Heilig. Abend große Schwachheit verspürt. Die Brust verschlimmerte sich, wegen des schweren Husten mußte er sich legen. Beichvater war Magister Henrich Scharbau, Pastor St. Aegidien. † 14.2.1737, 53 j. alt.

    Heinrich Scharbau
* 25. Mai 1689 in Lübeck; † 2. Februar 1759 ebenda
ab 1733 Hauptpastor an die Aegidienkirche
Theologe und Büchersammler

Gotthard Gottschalk stirb unter Hinterlassung großer Schulden. Auf dem Gut lasten 1738   Hypotheken von insgesamt  23.000 Rthl.. Darunter eine Hypothek von 16.000 Mark des Johann Gottfried Heydenreich ( oo Johanna Dorothea geb. von Wickede). Diese soll an Johann Friedrich von Holten und Benedict Möllenhoff weiter verpfändet werden. Die Wittwe Elisabeth Dorothea geborene von Witzendorf möchte noch weitere 10.000 Rthl. aufnehmen. Vergeblich kämpft die Wittwe für ihre Kinder mit den Gläubigern. Trotz sparsamer Haushaltung muß sie 1745 Konkurs anmelden.

Vergeblich war das schneidige Vorgehen des ältesten Sohnes, Johann Bernhard von Wickede, der auf Grund des Fideikommißrechts den Treueid der Gutsuntertanen verlangte und erlangte, sowie durch symbolische Handlungen wie Herausschneiden eines Spans aus der Haustür und aufgraben einer Erdscholle sein Recht öffentliche erklärte. Aber der Rat verneinte die Gültigkeit von Eid und Symbol. Weil in jenen Jahren die Viehseuche die Gegend heimsuchte, so kamen die Verhandlungen mit den Käufern nicht von der Stelle. Und schließlich trat eine Wendung der Dinge ein, als 1747 Lübeck das Dorf an die Krone Hannovers abtreten mußte.