1806 - 1815: De Franzosentied



Hier, wo 1959 ein Ehrenmal für die Toten beider Weltkriege eingerichtet wurde, sollen zwischen den umgebenden Linden acht Gefallene eines Scharmützels vom 4. November 1806 begraben liegen.

5./6. November 1806 (?): In einer alten Beschreibung, die im ersten Weltkrieg noch vorhanden war, und in der der damalige Bürgermeister Ernst Ullrich als junger Mann gelesen hatte, stand verzeichnet, dass ein Gefecht im und am Ort Kastorf stattgefunden habe. Eine Abteilung anrückender französischer Dragoner wurde durch Blüchersche Truppen abgewehrt. Die Toten sind im Park des Gutes begraben worden. Noch heute bezeichnen die acht im Kreis angeplanzten Bäume, den Platz, an dem die acht gefallenen Dragoner begraben wurden.

Da General Blücher am 5. November von Osten auf Lübeck zumarschiert ist, kann dieser kaum in diesem Gefecht verwickelt gewesen sein. Sicher ist nur, dass ein Teil der Kavallerie des Großherzogs von Berg (Joachim Murat, Marschall von Frankreich, 
Großherzog von Berg, 1806 - 1808
 König von Neapel, 1808 - 1815) morgens am 6. November über die Brücken bei Krummesse und Kronsforde über die Stecknitz gegangen ist. So das nur am 5. November mit diesen ein Gefecht bei Kastorf stattgefunden haben kann.

 
 
Joachim Murat *1771, † 1815
Gebhard Leberecht von Blücher *1742, † 1819



Am 7. November 1806 - 23 Tage nach der Niederlage von Jena/Auerstedt - kapituliert Blücher in Ratekau und gerät in Gefangenschaft. Drei Tage später, am 10. November 1806 wird Kastorf von den Französischen Truppen geplündert (s. dazu den Schadensbericht des Wegegeldeinnehmers Sauer). Ein General schrieb 1796 an Napoleon, die Truppen seien schlimmer als Vandalen und er schäme sich solches Raubgesindel zu befehligen. Aus Deutschland schrieb General Moreau: "Ich tue das Mögliche, die Plünderungen zu steuern, aber die Truppe hat seit zwei Monaten keinen Sold erhalten und die Proviantkolonnen können unseren raschen Märschen nicht folgen." Und Jourdan: "Die Soldaten misshandeln das Land aufs äußerste; ich erröte, ein Heer zu führen, welches sich auf so unwürdige Art beträgt. Wenn die Offiziere sich gegen die Mannschaften erheben, werden sie bedroht, ja es wird auf sie geschossen."



1810: Raub bei Kastorf

Räuberbanden treiben auch in Kastorf ihr unwesen.  Schmidt führte seine sieben Banditen darunter auch Peter Maus
"Einer That bekannte er [Peter Maus] sich ... doch schuldig, zu deren Bestrafung die hiesigen Behörden kompetent sind. Dies ist der Raub, den der Inquisit ... 1810 ... zu Castorf im Herzogthum Lauenburg beging. Zwar gehörte dieses Land damals ... nicht zu den ... Dänischen Staaten. Fünf Jahre nachher ist es aber ... übergeben worden, ohne daß das Verbrechen inzwischen verjährt gewesen wäre."

    
Stempel der "Mairie Castorff"
1811



1811: Kastorf wird französisch

Das Land wird durch die neugeschaffene franzosische Verwaltung systematisch ausgeplündert. Napoleon verlangt riesige Kontributionssummen, Lebensmittel, Kleider, Pferde und natürlich oft auch Soldaten. Dies gipfelt 1811 mit der Einverleibung in das Französische Kaiserreich.

Baron von Hammerstein wird 1811 der neue Bürgermeister (Maire) der Commune Castorff im Departement der Elbmündungen (Dept. des Bouche de l'Elbe).  Zu dieser neuen Gemeinde rechnen neben Kastorf auch Bliestorf, Siebenbäumen, Rothenhausen und Schenkenberg.

Am 3. November 1811 wird Heinrich Wendt zum Adjoint bei der Marie Castorf ernannt. Doch schon drei Monate später "entläuft" er aus seinen Diensten, so dass am 17. Februar 1812 Heinrich Gerhard Diedrich Hering zum Adjoint ernannt wird.

Wegen des 1812 laufenden Konkursverfahrens gegen von Hammersteins wird dieser von seinem Amt als Maire enthoben und durch den bisherigen Maire adjoint, seinem Pächter, Gerhard Heinrich Dietrich Hering am 7. Januar 1813 ersetzt. Ihm folgt als Adjoint am 8. Februar 1813 Christoph Heinrich Bohnsack aus Siebenbäumen.

Auf Ersuchen vom 30. August 1812 der beiden benachbarten Gutsbesitzer Henning von Rumohr auf Bliestorf und Carl Friedrich von Rumohr auf Schenkenberg wird am 23. Januar 1813 der ehemalige Kastorfer Gutsbesitzer und Schwager der Rumohrs Herr Clamor von dem Busche zu Schenkenberg neuer Maire der Mairie Castorf.

AHL Franz. Zeit Unterpräf. HL Nr. 47


 
  Louis Nicolas Davoust (1770-1823), von 1811 bis 1814 Generalgouverneur des "Departement der Elbniederungen". Er gilt Zeitgenossen als strenger, aber unbestechlicher Mann, der Napoleon bedingungslos ergeben ist.


Mit der Zugehörigkeit zum Französischen Kaiserreich, bekommt auch der Code Civil (Code Napoleon) Gültigkeit in Kastorf und damit besteht die allgemeine Wehrpflicht. So werden alle 20 jährigen zur Musterung einberufen. Welch Glück für die Kastorfer und anderen Dörfler der Siebenbäumer Pfarre, waren doch gerade Weihnachten 1791 alle Kirchenbücher durch den Brand des Pastorates vernichtet geworden. So konnten nur durch mündliche Angaben die 1791er ermittelt werden. Wobei es dem Herrn von Hammerstein sicherlich ebenfalls Recht war, nicht so viele Arbeitskräfte zu verlieren und so ist dieser Liste wohl nicht all zu sehr zu trauen. Da ist bestimmt der eine oder andere "vergessen" worden.

Am 27. September 1811 erstellt der Maire von Hammerstein eine Liste aller 1791 gebornenen Männer. Darunter folgende Kastorfer:
Asmus, Jochen Friedrich *21. 11.1791, Weber
Benthin,  * 3.11.1791, Knecht


Lübeck 1812
Die Widerspenstigen vom Jahre 1811 die ins Militär-Depot geführt werden und deren Eltern dafür mit 500 Franc haften:

Kastorf:
Spinnler, Christian Johann Hinrich; V: Johann Hinrich, M: Maria geb. Beck
Spiering, Hermann Johannes Hinrich; V: Matthias, M: Dorothea geb. Voß
Groth, Friedrich Christian; V: Johann Georg, M: Catharina Sophia geb. Funck

AHL Franz. Zeit Enregistr. Nr. 182




Dänische Soldaten


Zwischen 1813 und 1815 leidet Kastorf stark und durchziehenden Truppen. So müssen an Dänische, Russische und auch Hanseatische Truppen emense Lebensmittelleistungen und auch Heu und Stroh geliefert werden. Viele Kastorfer haben einen Verlust an Pferd und Wagen zu beklagen.

Aus: Feldzug der Hanseaten in den Jahren 1813 und 1814,
Von einen Augenzeugen. Hamburg 1815

Seite 153: ...  [26. November 1813]  .....Die Brücke (über die Stecknitz) wurde sehr schnell mit Hülfe der Bauern hergestellt, so daß die Infantrie und Artellerie folgen konnte. Ueber Nuß und Casdorf naheten wir uns Lübeck. In Casdorf und Siebenbäumen wollte eine Dänische Jäger-Abtheilung unter dem General-Major von Lassen, gedeckt von Husaren, sich noch halten, als die erste Escadron sich näherte.  So ließ der Rittmeister Leppien einen großen Theil dieser seiner Escadron absitzen, und vertrieb den Feind aus dem Dorfe. Eben so überrumpelte er mit dieser Escadron Trenthorst,  und hob einen Vorposten von 6 Grenadieren und 3 Dragonern auf. ...



Das Rondeshagener "Schloß"

Aus: Erinnerungen des dänischen Reiteroffiziers Christian Andreas Wind zum Feldzug von 1813 

Am 14. November 1813 kam das Regiment zum Schloß Rondeshagen, das einem Hammerstein gehört, aber es war nicht bewohnt, sondern alles war von dort fortgebracht worden. Wir richteten uns deshalb ein so gut wir konnten und trotz der prächtigen Zimmer, war es nicht viel besser als im Lager. Unser Lager war aus Stroh und unsere Kerzenhalter waren ausgehöhlte Kartoffeln. Aber der Hühnerhof war gut versorgt und ein Ochsenkopf Wein, den wir von den Franzosen bekamen, ließ uns die für einen Soldaten unnötigen Unbequemlichkeiten vergessen. Aber leider gehörten wir jetzt zur Brigade von Generalmajor von Lasson, und wir wußten, dass das nicht der Weg zu Sieg und Ehre war. Sein Quartier war auf Bliestorf und jeden Tag mußte ich einen endlosen Weg dorthin reiten, oft wegen der größten Nichtigkeiten.

1. Dezember 1813
Die 3. Eskadron zog sich nun auf Befehl zurück nach Rondeshagen, wo die 4. Escadron des Regiments und eine Kompanie von Grenadieren des Fünischen Infantrie Regiments blieb, um den Abzug zu decken. Major Graf Moltke, der immer viel Führungsqualitäten zeigte, hatte ein Scharmützel mit der feindlichen Kavallerie in und um die Stadt herum. Männer fielen auf beiden Seiten und mein Diener Hans Madsen, der außer dem Pferd auf dem er ritt, eins von meinen Handpferden und ein Packpferd hatte, war ziemlich töricht an den Zügeln, war gefangen genommen worden, als er unvorsichtig zum Schloß (Rondeshagen) zurückritt, um einige vergessene Sachen zu holen. Einige Pistolenkugeln sausten ihm um die Ohren aber glücklicherweise ...

Unser Nachtquatier war auf dem Haupthof Kastorf, das nun einem Herrn von Schrader gehört, und das direkt an der Landstraße von Lübeck nach Hamburg liegt. Die Nacht war sehr kalt, es fror und wir hatten Rauhreif. Ich machte eine Patrouille hin zur Wiese, wo ich Schüsse gehört hatte und nachdem ich zurückgekommen war, schlief ich ein paar Stunden als vierter im Bett der Madame des Pächters. Rondeshagen wurde in dieser Nacht wieder dänisch.


Das Kastorfer Pächterhaus

2. Dezember
Im Morgengrauen maschierten wir auf den furchtbarsten Wegen nach Siebenbäumen. Es konnte weder bersten noch tragen und verschiedene Zugpferde blieben liegen, ebenso wie ein paar Ochsengespanne, die sich starrsinnig verhielten. General Lasson befahl mir fünf Feldwachen aufzustellen, zu welchem Nutzen weiß ich nicht, weil es nicht unsere Absicht war in Siebenbäumen zu bleiben. Aber kaum als das geschehen war, bevor wir die „arriere garda“ bei uns hatten, gerieten wir unter unaufhörlichen Beschuß des nachrückenden Feindes und die Feldwachen, die besser darin waren Pferde zu füttern als damit zu reiten, wurden alle zurückgedrängt. General Lasson, der kein Freund des scharfen Schießens außerhalb des Exerzierplatzes war, setzte sich an den wohlgedeckten Tisch der verlassenen (Siebenbäumer) Pfarrei und alles was ziehen konnte, ging über Boden nach Oldesloe. Das ganze glich beinah einer Flucht, aber weil ich der Meinung war, das es nicht eilte, nahm ich einige Überreste des Mahls mit mir.                                                                           

mehr s. dazu hier

Am 4. Dezember 1813 findet dann das Gefecht bei Boden statt. Dänische Dragoner streifen wieder bis Kastorf und Klinkrade und haben dort auch wieder Berührung mit den Truppen des Generals Wallmoden, der auf Siebenbäumen maschiert.

Am 4. Dezember 1813 vertreibt General Wallmoden aus Klinkrade kommend den Feind (die Dänen) aus Siebenbäumen.

1813: Hammerstein ist Konkurs

1813 ist von Hammerstein konkurs und es kommt zum öffentlichen Verkauf des Gutes:

"Im Namen Sr. Majestät des Kaiser und Königs.
Zu wissen sey hiermit, daß am feiertage, den fünften März Ein Tausend Acht Hundert und Dreizehn, Nachmittags zwei Uhr, in der Audienz des Tribunals zu Lübeck, Arrondissement Lübeck, zur ersten Bekanntmachung der Kaufbedingungen geschritten werden soll, welche zum Zweck des Verkaufs, in Folge einer Saisie immobiliere [Pfändung von Grundeigentum] werden entworfen werden;
Zum Verkaufe des Landguths Castorf, in der Gemeinde Castorf, Arrondissement Lübeck, Departement der Elb-Mündungen belegen; bestehend aus drei Wirtschaftshöfen, Alt-Castorf, Neu-Castorf und Christianshöhe, aus einem Dorfe und einigen zerstreuten Wohnungen; dessen Areal-Gehalt, im Ganzen, etwa Zwey Hundert Acht und Neunzig Tausend Ein Hundert drei und dreißig Quadrat-Ruthen beträgt, und welches, laut Extracts der Mutterrolle und der Grundsteuer-Rolle der Mairie Castorf pro 1812, mit Zwei Tausend Zwei und Neunzig Francs Neun und Dreißig Centimen angesetzt ist, mit allen Ländreien, Hölzungen, Gebäuden, mit den festen Hebungen von Fünf Halbhufnern, Eilf Käthnern, und Sieben großen und Vier kleinen Bricksitzen, welche größtentheils ihr Land titulo dominii, gegen bestimmte Abgaben besitzen, und verschiedenen zufälligen Hebungen, mit den zum Guthe gehörigen Feld-, Vieh- und Wirtschafts- Inventarien u. Diese Saise ist gelegt gegen Herrn Christian von Hammerstein, Landmann und Eigenthümer gedachten Guthes, und daselbst wohnhaft.

Auf Ansuchen seel. Herrn Wohlert Conrad Kohpeis Enckel, Geschwister Lang, per tutores Herrn Doctor Paul Christian Nicolaus Lembke, welche bei Ersterem, gedachtem Herrn Doctor Lembke, in dieser Sache ihr Domicil erwählt haben, und der für sie auftreten wird.

Mittelst Arrest-Protocolls vom Acht und Zwanzigsten December Ein Tausend Acht Hundert und Zwölf bis zum Sechsten Januar Ein Tausend Acht Hundert und Dreizehn, transcribirt im Büreau des hypothéques zu Lübeck den Neunten Januar, und an der Gresse des hiesigen Tribunals am Zwanzigsten ejusdem. Und sind davon Copeien zurückgelassen an Herrn Heinrich Gerhard Diederich Hering, Maire der Gemeinde Castorf, und dem Herrn Gottlieb Christian Müller, Gressier des Friedensgerichts im Canton Steinhorst.

Lübeck, den Achzehnten Januar Ein Tausend Acht Hundert und Dreizehn.
Paul Christian Nicolaus Lembke, Dr.
AHL Kämmerei Nr. 2485

Wie man dem obigen Bericht des dänischen Offiziers entnehmen kann, hat wohl Baron von Schrader Kastorf erstanden.


Castorf mit dem Dorfe dieses Namens, ein Allodialgut, gehört zu der Concursmasse des hannoverschen Obristlieutenants von Hammerstein, und wird gegenwärtig für Rechung der Creditoren desselben administrirt. Es hat dieses Gericht 27 Feuerstellen und 315 Einwohner.
aus Nebenstunden für innere Staatenkunde von August Niemann, Altona 1823