Das adelige Gericht
Eine Besonderheit der Lauenburgischen Allodialgüter war ihre eigene Gerichtsbarkeit (Patrimonialgerichtsbarkeit). Das heißt, der Gutsherr war gleichzeitig auch oberster Gerichtsherr, Besitzer dieses Settinks (Gerichtsgemeinde) und war berechtigt nach geltender Rechtsordnung Recht zu sprechen.
Das Kastorfer Gericht hat eine über fünfhundertjährige
Geschichte. Schon die Familie von Krummesse besaß das
ritterliche Privileg der Hohen- und Niederen
Gerichtsbarkeit. Dieses Privileg, ein Bestandteil der
Gutsherrlichkeit war fest mit dem Grundbesitz verbunden
und wurde beim Kauf des Gutes miterworben. So lesen wir
schon im Kaufvertrag von 1377 „cum omni iure". Und im
Kaufbrief von 1584 heisst es: " ...mit allem rechte
Högesten und siedesten, an Halß und Hand und schlichtes,
..."
Die Unterscheidung von Niederer und Höherer
Gerichtsbarkeit grenzt ab nach Tatbeständen oder (was
letztlich auf das selbe hinausläuft) nach der Höhe der
Bußen. Die Höhere Gerichtsbarkeit betrifft die Blutsachen,
in denen „an Hals und Hand“ geurteilt werden konnte.
Allgemein gilt, dass die Gerichtsbarkeit ein nutzbares
Recht war. Die Bußen konnten hoch sein, auch Blutsachen –
wie etwa Todschlag – wurden in der Regel mit Geld gesühnt.
Der Erwerb der Gerichtsbarkeit war u.a. deshalb so
interessant, weil man mit ihm eben auch die „Bede“
(jährliche Steuer) und „Brüche“ (Brüche = Bußgelder,
Strafengelder) erwarb. Diese Einnahmen fielen
normalerwiese dem Landesherrn zu.
Eine Kastorfer Richtstätte, Settinks ist nicht
überliefert. Vielleicht war es ja der Tingkreis am
Hofbusch? Im 17. Jahrhundert fanden die Versammlungen
vermutlich immer in der großen Stube des Herrenhauses
statt.
In der Hierachie der Verwaltung stand das Allodialgut
Kastorf auf der selben Stufe wie die ehemaligen Ämter
Ritzerau und Behlendorf (Lübsche Zeit) bzw. ab 1747 wie
die Ämtern Steinhorst oder Schwarzenbek.
Bis 1747 war die nächsthöhere Verwaltungsinstanz, das
Landgericht (Landting) in Mölln, da Kastorf während der
lübschen Zeit und davor (1359-1747) zur Vogtei Mölln
gehörte. Das geht auch aus dem Rechtsstreit
1580 zwischen dem Kastorfer Gutsbesitzer Hans
Kolthoff und Jürgen Wessel hervor.
Die Verwaltung der Möllner Vogtei oblag dem Lübecker Rat,
später der Lübecker Stadtkämmerei, der das Möllner
Landgericht untergeornet war. Als Bestandteil des
Herzogtum Sachsen-Lauenburg hatte es nach dortigem Recht
(Sächsischen) zu richten, das Lübsche Recht fand hier
keine Anwendung. Das Landgericht in Mölln setzte sich aus
dem Vogt (Stadthauptmann) und zwei Gerichtsherren, die
Mitglieder des Möllner Rates waren, zusammen und bestand
bis Ende des 16. Jhdt.. Bis um 1540 hielt Lübecks Möllner
Vogt das Landgericht in der Vogtei Mölln, danach wuchs es
mit dem von Lübecks Ritzerauer Vogt zu Ritzerau gehaltenen
Landgericht zusammen.
Aus den Berichten und Büchern des Ritzerauer und
Behlendorfer Amtes können wir auch einige Rückschlüsse auf
die Kastorfer Verhältnisse machen. So wird das Kastorfer
Gericht wohl nur ein bis zweimal im Jahr getagt haben. Die
traditionelle Gerichtszeit war im 16. und 17 Jhd. der
Herbst – "Heuerzeit", da zum anstehenden Martinitage
(11.11.) viele Pachtverträge u.ä. ausliefen und neu
abgeschlossen werden mußten.
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Das
Kastorfer Gerichtssiegel zur Zeit der von
Hammerstein |
Der Gutsherr ließ diesen Termin durch den Gerichtsvogt
verkünden und die sämtliche Bauernschaft hatte unter
Strafe zu diesem Termin zu erscheinen. Vor Beginn der
Verhandlung wurden Leute „aufgelesen“, die in die Findung
gingen. Unter den bäuerlichen Gerichtsbeamten war
besonders wichtig der Dingvogt. Dessen Pflicht es war,
auch bei einer Hinrichtung zugegen zu sein. Dazu wurden
zwei Beisitzer, ein Fürsprecher (Vorspraker) und ein
Findesmann bestimmt.
Der gutsherrliche Schreiber hatte über das Jahr einzelne
Straftaten in einem Buch vermerkt, und der Bauernvogt
sowie die Hausleute wurden befragt, ob etwas vorgefallen
sei, dass jetzt zur Verhandlung kommen sollte.
Später dann ab dem 18. Jahrhundert, wurden die
Verhandlungen von einem Justitiar, dies war meist
ein Advokat oder Beamter aus Ratzeburg
(Gerichtshalter s.u.) abgehalten. Dieser wurde vom
Gutsherrn bestellt und konnte von diesem auch wieder
gekündigt werden. Der Schreiber stand ihm zur Seite und
protokollierte die Verhandlungen “vom Munde in die
Feder”. Meist waren auch benachbarte Gutsherren als
Beisitzer zugegen.
Neben diesem ordentlichen Gerichtsverfahren behielt sich
die Gerichtsherrschaft nach mittelalterlicher
Rechtsanschauung in einer Reihe von Fällen, die besonders
in Holzfreveln, Tätlichkeiten und ähnlichem bestanden, die
direkte gütliche Verhandlung mit dem Übeltäter vor. In
diesem Fall kam es sogar vor, dass ein Angeklagter, wenn
die Sache schon an das Landgericht gekommen war, sich noch
bereit erklärte, „den Herren den Willen zu tun“.
Durch die zunehmende Verwaltung und aus wirtschaftlichen
Interessen der Hansestadt Lübeck, tritt mit Beginn des 17.
Jhd. die Lübecker Kämmerei anstelle des Rates und
übernimmt die Territorialverwaltung, die dann ab 1747 vom
Hofgericht in Ratzeburg abgelöst wurde. Die Kämmerei wie
auch später die königl. Regierung in Ratzeburg übersandte
dem Grundherrn die neuesten Dekrete und Verordnungen,
damit dieser stets auf dem aktuellen Stand blieb und nicht
womöglich Recht wider dem Rat bzw. der Königlichen
Regierung sprach. So gehörten zur Ausstattung des
Kastorfer Gerichtes die Hofgerichtsordnung von 1681,
die durch o.g. Dekrete und Verordnungen ständig ergänzt
wurde.
Gerichtshalter
Justitzrath Wilhelm Georg Christian Sponagel, Ratzeburg (*Lüneburg 1763; + Rondeshagen 1830).
1848-1863 Amtsadvocat Karl Lorenz Theodor Johannes Sachau (*1823 Glückstadt; † )
Das Adlige Gericht Kastorf behielt seinen Platz in der Gerichtsbarkeit bis 1870, in der Verwaltung bis 1889. Die Nachfolge trat dann das Amtsgericht in Steinhorst an.
Aufgaben des Gerichtes
Höfesachen: Erstellung von Hausbriefen, Pachtverträgen, Ablösungen, Grundbucheintragungen, Hypotheken, Forderungen, Erbangelegenheiten, Bestimmung von Vormündern, Ehekonsenz, Nachlässen, Vaterschaftsklagen, Alimenten, Unzucht, aber auch Tätlichkeiten, Holzfrevel und Diebstahl, Wilderei, sowie Musterung, Einberufung, und Einquartierungen.Schreiber
Krull, Hermann Carl * 1738, † nach 1792V: Joh. Peter M: Ackermann, Charlotte
1775 Pächter in Bockhof, 1783 Schreiber in Kastorf, 1785 Berechner in Wilmstorf,
1787 Einwohner in Tralauerholz/Oldesloe, 1792 Verwalter Gut Nütschau.
Er heiratet 1773 in Curau Catharina Dorothea Berling
Kinder:
Sophia Marg. Louisa * 1775 Bockhof, Curau
Margaretha Dor. Friderica * 1780 Heidberg/Wesenberg
Sophia Maria Charlotta * 1783 Krummesse
Johann Gottfried Hartwig ~ 1785 Dassow, † 1785 Dassow
Catharina Marg. Louisa * 1787 Tralauerholz/Oldesl.
Hieronymus Friedrich Carl * 1792 Nütschau/Oldesl.
Schröder. Michael * ?, † ?
Schreiber Kastorf 172, Pate Siebeb. 1792
Hering, Gerh. Heinr. Friedr. * ?, † ?
Sekretär, Maire adjoint 1812
∞ ? Saß, Dor. Henr. Aug. *(1778), † 1812
Der Holzvogt Johann Heitmann ist auch gleichzeitig Gerichtsdiener des Adeligen Gerichts Kastorf. 1818 wird ein Wellmann als Gerichtsdiener genannt.