Brauerei

Seit wann auf dem Kastorfer Gut Bier gebraut wurde, läßt sich nicht mehr nachweisen. Doch gehörte dieses Recht scheinbar von Anfang an zu den Pertinentien des Hofes.

1575 scheint es auf dem Kastorfer Hof kein Bier zu geben, denn sonst hätte Christoph Tode den Bauern wohl kaum Geld zum Kauf dafür gegeben, sondern ihnen ein Fass vom Hof spendiert. Ob das auch heißt, dass keine Brauerei vorhanden war, muss offen bleiben. Vielleicht war diese auch einfach nicht in Stand oder er wollte eben halt mal das gute Ratzeburger Rommeldeus ausgeben. Der Kastorfer Hopfenanbau ist ab 1597 nachzuweisen und kann wohl auch als Nachweis für ein Kastorfer Brauwesen angesehen werden.

1605 bestimmt der Lübecker Rat auf Druck der Brauer den Landbegüterten wie Thomas von Wickede das Brauen auf ihren Gütern insoweit zu verbieten, dass sie nur für den eigenen Bedarf produzieren dürfen und alles was darüber hinausgeht und in die Stadt zum Verkauf gebracht wird, soll der Akzise unterliegen. Doch die Gutsbesitzer, ausser Thomas von Wickede und Dietrich Brömbse, tuen sich zusammen und bringen die Angelegenheit vors Reichsgericht in Speyer, dass zu ihren Gunsten entscheidet, da die Güter ausserhalb der Landwehr liegen und die Gutsbesitzer die Adeligen Güter mit allen Freiheiten erkauft hätten. Obwohl Thomas von Wickede sich als Bürgermeister aus dieser Angelegenheit rausgehalten hatte, ist er jetzt natürlich ebenfalls Nutznießer dieser Entscheidung, wovon er, wie seine Erben, kräftig Gebrauch machen.


1665: Thätlichkeiten auf den Landgütern

1652 hatten sich die städtischen Brauer beim Rat ein Verbietungsrecht für zwei Meilen (15 km) im Stadtumkreis ausbedungen. Aber alle Versuche der Brauzunft, die Dorfkrüge um Lübeck für sich zu gewinnen, scheiterten. Unentwegt laufen die Stadtbrauer Sturm dagegen, dass die Güter anfangen, sich eigene Krüge zu halten und ihr billiges Bier, das von keiner Akzise (Steuer) verteuert wird, in der Landwehr zu verkaufen (s. 1605). 1652 treiben die Berufsbrauer zu einem Prozess vor dem kaiserlichen Gericht gegen die Gutsbrauer. Auf zehn Gütern (darunter auch Kastorf), die außerhalb des Lübecker Gebietes liegen, wird gebraut. Weil aber Lübecker Bürger die Besitzer sind, so folgern die Brauer muß der Rat auch eingreifen können. Allein vier Brömbsens, die Wickedes und Lüneburgs sitzen als Herren auf besagten Höfen, aber diese sind zum Leidwesen der Brauer eben auch Ratsmitglieder und Mitglieder der Zirkelkompanie.

 
Als sich die Brauer und Handwerker zusammentun – beide verwahren sich dagegen, dass auf den Gütern für den Verkauf gebraut und Leinen gewebt wird – erläßt der Rat am 18. Marz 1665 ein Ultimatum an die Güter. Ein Stalldiener wird ausgesandt und teilt den Gutsherrn mit, dass in 24 Stunden das brauen zum feilen eingestellt werden muss. 

Die Gutsherren folgen aber dieser Anordnung nicht. Da ordnet der Rat am 21. März 1665 drei Ratsdiener ab, die mit Hilfe der Brauer die Braupfannen, die Kübel und Bottiche auf den zehn Gütern vernichten sollen. 


Abb. Ständebuch 1568, Amman Sachs
 

Hauptsächlich war den Bürgern das Mülzen und Brauwerk zum feilen Kauf, und die Hegung der Handwerker auf den Landgütern der Patricier ein Dorn im Auge. Insbesondere wurden die Aemter oder handwerker, welche es anfänglich mit dem rath gehalten hatten dadurch aufsässig. Es versammelte sich daher 1665 am dienstage in der stillen Woche, welcher auf den 21. März einfiel, nachdem zuvor das Rathhaus und die Thore besetzet, auch die Stadtthore zugeschlossen worden, eine große Anzahl Menschen auf dem alten Schützenwall vor dem Holsten-Thore. Hierunter waren 68 von den Brauern, 48 von den Schmieden, desgleichen eben so viel von den Beckern, Schustern und Schneidern, von jeglichem Amte 48, zu welchen von den kleinen Aemtern eine solche Anzahl hinzu kam, daß sie zusammen 600 bis 700 Mann ausmachten. Diese vertheilten sich, und zogen mit Flinten, Degen, Aexten, Beilen, Radehaken, Stangen und dergleichen mehr bewaffnet, in Begleitung eines gerichts-, eines Wette- und Stadtdieners, etliche nach Moisling, andere nach Morie, und andern in der Nähe der Stadt belegenen Landgütern. Daselbst verübten sie die größte Gewaltthätigkeit. Sie zerschlugen die Braupfannen, Küsen und Tonnen. Was sie an malz nd Bier vorräthig fanden, verschütteten sie, oder schlepten es mit sich weg. Sie zerbrachen die Weberstühle, nahmen das fertige Lein weg, ließen sich sowohl auf den Höfen, als in den Bauerhäusern, alle Keller, Kisten und Kasten aufschließen, und zernichteten alles was sie an Handwerksgeräthschaft antrafen. Ja, sie verschoneten zum Theil nicht einmal der Häuser und Gebäude.

Kurz nach Ostern den 31. März wiederholten die Brauer und Handwerker diesen Ausfall nach vorhin genannten Gütern und Dörfern zum zweytenmal, und was vorhin noch ganz geblieben war, ward nun völlig in Stücken geschlagen.

Bald darauf den 3. April besuchten sie die Güter Crumesse, Cronsforde, Castorf und Rondeshagen auf eine ähnliche Weise, wo sie in Zerstöhrung der Brauereyen, Zerbrechung der Weberstühle, und handwerksgeräthschaften, und Wegnahme oder zernichtung dessen, was ihrer Meynung nach von Böhnhasen gemacht war, gleichen Unfug verübten. was aus diesem Lerm nachher für Weiterungen entstanden sind, wollen wir in der Folge anzuführen nicht versäumen.
"

Die Gutsherren wenden sich daraufhin sofort an den kaiserlichen Hofrat und erwirken kaiserliche Mandate, die ihnen den Besitz des Brauens und Mälzens garantieren. Womit der Angriff der Stadtbrauer fehlgeschlagen ist und die Stadtjungen, Gesellen und Wanderburschen in hellen Scharen wieder zu den Landkrügen mit dem billigen Bier strömen.

Quelle : "Umständliche Geschichte der kaiserl. und des Heil. Römischen Reichs freyen Stadt Lübeck, 3. Band von Johann Rudolph Becker, Lübeck 1805

Anmerkung: Als Bönhase - auch Böhnhase oder Beinhase, (aus dem Niederdeutschen bön für Hausboden), wurde umgangssprachlich bis zum Ende des Zunftzwanges ein nicht in einer Zunft organisierter und damit illegal tätiger Handwerker bezeichnet. Bönhasen arbeiteten oft im Hause ganz oben auf dem Dachboden und konnten - wenn die Häuser mit der Traufseite zur Gasse standen - bei Polizeikontrollen wie die Hasen quer über die Böden der Nachbarhäuser flüchten (Beine machen).

Im Mittelalter entstanden die Zünfte als selbständige Organisationen und bestimmten die zünftige Ordnung und das gewerbliche Leben in den Städten. Jeder Gewerbetreibende mußte der Zunft beitreten (Zunftzwang). Nur Meister durften ihr Gewerbe selbständig ausüben. Insbesondere seit der Neuzeit wurde der Meisterzwang als Konkurrenzschutz gebraucht. Die Anforderungen an die Meisteranwärter wuchsen ins Unermeßliche. Wanderjahre, Mutjahre, hohe Einschreibegebühren, sowie hohe Ausgaben wie Meistertrunk hinderten viele Handwerker an der Aufnahmein die Zunft. Ein großer Teil der Menschen war von vornherein ausgeschlossen, weil sie nach den Regeln der Zunft als „unehelich“ oder „unehrlich“ galten.

Wenn eine Zunft geschlossen wurde, war es vollkommen unmöglich, als selbständiger Handwerker aufgenommen zu werden. Für Meistersöhne oder Schwiegersöhne galten wesentlich einfachere Zulassungsbedingungen. Wer ohne Meisterbrief arbeitete, wurde als Böhnhase, Stümper oder Pfuscher verfolgt.


Die Brauer

Die Brauer waren Pächter der Gutsbrauerei. Es sind nur drei Brauer namentlich überliefert: Henrich Pawelsen (1623), "des Herrn Brauer auf dem Hofe", dann Jochim Brandis, der 1754 in Klein Wesenberg Maria Bromsen aus Nienhusen heiratet und der Braumeister Dieckmann (1799). Wie lange die Brauerei auf dem Kastorfer Gut ausgeübt wurde, läßt sich leider nicht sagen. Im Inventarium von 1771 sind die Braugerätschaften mit aufgelistet. Und 1798 ist noch ausdrücklich vermerkt, dass ide Kastorfer Bauern zur "guthsherrlichen Brauerey zwangspflichtig" sind. Doch 1804 ist dann die Brauerei an den Bauernvogten Wegener für 50 Rthl. im Jahr verpachtet. Der Vertrag gilt bis 1818 "und, wenn er Mich.[aelis] 1815 um Prologation [Pachtverlägerung] anhält, bis Mich.[aelis] 1833 dauert".

1807 ist noch der neue Erbpächter der Schmiede laut Vertrag weiterhin der gutsherrlichen Brauerei zwangspflichtig.


Brennerei

Wie die Braugerechtigkeit gehörte auch die Brenngerechtigkeit als Pertinenz zum Hof. Damit ist die Herstellung von Branntwein, also hochprozentigen Spirituosen gemeint. In Kastorf vermutlich das Brennen von Korn(-brand) (s. z.B. Krummesser oder Oldesloer Korn). 

Diese Brenngerechtigkeit wurde seit 1719 an den Kastorfer Zolleinnehmer Verpachtet, dessen Wohnhaus und Krug deshalb dann das "Kastorfer Branntweinhaus" genannt wurde.

Brantweinbrenner s. Kastorfer Zoll